30. August

OSTERHOLZER KREISBLATT vom 23. Dezember 2006
Sportkarriere mit Hindernissen
Im Sprint eine lahme Ente - aber auf Langstrecken fühlt sich Heidrun Müller wohl

Von unserem Mitarbeiter Reinhard Bohling



Osterholz-Scharmbeck. Als Kind und in späteren Jahren lief die waschechte Osterholzerin gerne Rollschuh, aber ansonsten hatte sie mit Sport wenig am Hut. Erst 1984 stieg die Kreisstädterin intensiv in die Leichtathletik ein und erlebte eine Karriere voller Höhen und Tiefen.

Und was macht Heidrun Müller heute? "Ich will nun wieder für mich laufen und kann dabei ja auch meine Gedanken mitlaufen lassen", blickt die Marathonläuferin zuversichtlich in die Zukunft. Mit 38 Jahren schaute der begeisterte Werderfan bei den Wettkämpfen der Tochter Vera zu, und der Bazillus für die Leichtathletik sprang über. Ihr Vater "Willi" Frost war schon als ein bewegungsfreudiger Typ bekannt. "Sein Naturell habe ich wohl geerbt", sagt Heidrun Müller lachend.

Am ungewöhnlichen Laufstil der Dauerleisterin musste noch sehr gefeilt werden. Doch ihr erster Wettkampf - "ich habe die Nacht vorher kaum ein Auge zubekommen" - bescherte der Anfängerin im Februar 1985 beim 11. Worpsweder Vorfrühlings-Cross über 2000 Meter einen fünften Rang. Der Knoten für die Starterin der damaligen Leichtathletik-Gemeinschaft Osterholz (LGO) war geplatzt. Am 1. September 1985 rannte Heidrun Müller beim Bokeler Straßenlauf über fünf Kilometer nach 23:49,4 Minuten über den Zielstrich. Der dritte Platz sorgte für Freude und weckte den Geschmack auf mehr.

"Ich war schon immer anders als andere", schmunzelt die Linkshänderin, die keine Hitze und Bergrennen mag, aber die Startnummer 13 liebt. Im Alltag bewältigt die Roadrunnerin alles zu Fuß oder per Rad. Den ersten Marathon absolvierte die beherzt laufende Mutter am 24. April 1988 in Hamburg. Zur Mannschaft der Startgemeinschaft Osterholzer Leichtathleten (SOL) gehörten beim 3. Hanse-Marathon auch Detlef Meyer und Gerd Hoppe von der SG Platjenwerbe sowie die Akteure des VSK Jörn Mangels und Henning Schweichler. Das Rennen über die langen Distanzen gefällt ihr - denn über die 100-Meter-Strecke quält sie sich nach eigenem Bekunden schon beim Sportabzeichen wie eine lahme Ente. Statt Kugelstoßen absolviert Heidrun Müller das Schnellschwimmen.

Als Heidrun Müller das Training einer VSK-Nachwuchsgruppe und von Pennigbütteler Talenten übernahm, lenkte dies arg vom individuellen Langstreckenlauf ab. Und die durch ständige Erkältungen bedingte Marathonpause von 1999 bis 2005 bedeutete für die gelernte Einzelhandels-Verkäuferin einen Rückschritt. So musste sich die begeisterte Hobbyläuferin mit Bahnrennen und Teilnahmen bei den Bremer Winterlaufserien begnügen. In diesem Jahr nahm Heidrun Müller in Bremen an der klassischen Distanz über 42 195 Meter, dem Marathonlauf, teil. Sie kam nach 4:42:39 Stunden ins Ziel. Platz zwei in ihrer Altersklasse stellte die Osterholz-Scharmbeckerin aber in keiner Weise zufrieden.

In der Freizeit und den Regenerationsphasen strickt die Großmutter Socken für die acht Enkelkinder. Basteln ist für die Tagesmutter und Kinderbetreuerin eine Leidenschaft. Vom Geschick zeugt auch die weihnachtlich geschmückte Wohnung. Handwerklich macht Heidrun Müller im Domizil am Laubenweg sehr viel. "Es liegen noch Bretter im Wohnzimmer. Da liegt das Holz trocken und eignet sich im nächsten Jahr zur Isolierung des Stallanbaus" - auch kurz vor Weihnachten schmiedet die Läuferin schon wieder Zukunftspläne. Von ihren Geschwistern Bärbel, Dagmar und Wulf-Dieter hat nur eines den Bezug zum Sport. Bärbel Amend befasst sich mit der Öffentlichkeitsarbeit beim VSK Osterholz-Scharmbeck. Auch in der Behindertengruppe, die 2007 auf ihr 30-jähriges Bestehen zurückblicken kann, ist sie sehr aktiv. Heidrun Müller plant bereits für die kommende Saison und möchte sich dabei einen Traum erfüllen: "Und wenn es nur eine Sekunde ist, möchte ich noch einmal einen Marathon unter vier Stunden laufen . . .”