30. August

OSTERHOLZER KREISBLATT vom 21. Dezember 2005
Nach zwölf Jahren ist Schluss
Mit Kristin Ringel hat die erfolgreichste Leichtathletin des VSK Osterholz-Scharmbeck ihre Karriere beendet
Von unserem Redakteur Carsten Spöring

Osterholz-Scharmbeck. Sie war die erfolgreichste Leichtathletin im VSK Osterholz-Scharmbeck, brachte es seit den
Neunzigern allein acht Mal zur Auszeichnung "Leichtathletin des Jahres" im Verein und fand auf Grund ihrer deutschen Titel auch Aufnahme in den B-Kader des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Doch nun, mit 26, hat Kristin Ringel das Ende ihrer Karriere verkündet. "Es geht gesundheitlich einfach nicht", erläuterte sie beim traditionellen "Heimaturlaub" in der Vorweihnachtszeit. Kristin Ringel hatte sich nämlich 1999 für Studium und Training nach Halle/Saale begeben. Dort besaß sie mit dem DLV-Coach der 400-Meter-Damen, Harald Werner, nicht nur einen kompetenten Heimtrainer, sondern konnte auch ihr Wunschfach ("Sport mit Schwerpunkt Therapie, Reha und Prävention") studieren. Mittlerweile ist sie Diplom-Sportlehrerin und hat seit Juli 2004 eine Doktorandenstelle inne. So nebenher fand sie aber trotz vieler gesundheitlicher Rückschläge in diesen Jahren immer wieder den Weg zurück auf die Tartanbahn - bis jetzt. Nun aber ist Schluss. "Ich bin einfach super-anfällig", sagt sie rückblickend.

Kristin Ringel ist noch ein Kind der DDR. In ihrem Geburtsort Eisenhüttenstadt kam sie mit sieben Jahren - nach Schulvergleichen und Sichtungswettkämpfen - zur Leichtathletik. "Ich sollte eigentlich mal 800-Meter-Läuferin werden", weiß die spätere Hürdenspezialistin noch heute zu berichten. Im August 1993 - kaum war die Familie Ringel nach Osterholz-Scharmbeck gezogen - meldete sich Kristin im VSK und lief mit der damaligen Schülertrainerin Heidrun Müller 2,5 Kilometer im Wald. Heidrun Müller war begeistert und berichtete dem "Chef-Trainer" Reinhard Wagner: "Du, da hat sich eine richtig Schnelle bei mir angemeldet". Und Wagner bestätigte das Urteil der Übungsleiterin umgehend: "Mit Kristin Ringel wollte die talentierteste Schülerin meiner Trainerlaufbahn beim VSK Leichtathletik betreiben".

  Schon 1994 als 15-Jährige holte Kristin Ringel den ersten Landesmeistertitel (im Blockwettkampf Lauf) und schaffte die Qualifikation für die deutschen Schülermeisterschaften in Wesel, bei denen die VSK-Athletin völlig überraschend die Bronzemedaille gewann. "Von da an ging es Schlag auf Schlag", notierte Trainer Wagner später. Im ersten B-Jugend-Jahr, 1995, fand Kristin Ringel Aufnahme in den D-/C-Kader "Langhürden" des DLV - schließlich war sie Vierte bei den "Deutschen" über 300 Meter Hürden geworden.

1996 ließ sie den drei Landesmeistertiteln (100 Meter Hürden, 300 Meter und 300 Meter Hürden) eine erste Krönung folgen: Deutsche B-Jugendmeisterin über 300 Meter Hürden in Erfurt. Erste internationale Einsätze in der U 18-Nationalmannschaft bei Länderkämpfen in Griechenland und Polen waren die Folge.

Erneut das Nationaltrikot übergestreift
Im ersten A-Jugend-Jahr wurde Kristin Ringel aber erstmals von einer Verletzung zurückgeworfen. 1998 wechselte sie dann zum SV Emden-Harsweg, um eine 4x400-Meter-Spitzenstaffel mit der Vize-Europameisterin Silvia Rieger zu bilden. Tatsächlich zahlte sich das dortige Training aus. Sie startete mit der Jugend-Nationalmannschaft in der Halle - und wurde in Berlin deutsche Jugendmeisterin über 400 Meter Hürden. Bei den Jugend-Weltmeisterschaften in Annecy/Frankreich kam sie bis ins Halbfinale, der Dank war die Berufung in den B-Kader des DLV.

Doch auch der erste Start in die Frauenklasse, 1999, war von gesundheitlichen Problemen begleitet. Sie kehrte zum VSK Osterholz-Scharmbeck zurück, nahm in Halle ihr Studium auf, hatte aber auch dort eben mit Harald Werner einen kompetenten Trainer. Ein Jahr später dann die traurige Erkenntnis: Die häufigen Rückenprobleme zwingen Kristin Ringel, von der 400-Meter-Hürdenstrecke Abschied zu nehmen und sich auf die 100 Meter Hürden zu spezialisieren. Immerhin brachte es Kristin Ringel auf Platz elf bei der deutschen Juniorenmeisterschaft. Nach einer Rückenoperation allerdings musste Ringel 2001 als Aufbaujahr abhaken, 2002 erfolgte die Rückkehr mit einem Kreisrekord über 100 Meter Hürden (14,32 Sekunden).

Richtig erfolgreich aber wurde sie erst 2003 wieder: Norddeutsche Hallenmeisterin über 60 Meter Hürden (8,60), starker Kreisrekord über 100 Meter Hürden (13,84), Platz fünf bei den Hochschulmeisterschaften, Vierzehnte bei den "Deutschen". Zwar gelang ihr 2004 die Titelverteidigung bei den Norddeutschen Hallenmeisterschaften mit Bestzeit (8,53), doch neue gesundheitliche Probleme führten zum frühzeitigen Saisonabbruch. Und 2005 hatte Kristin Ringel nach beachtlichen 8,56 im Winter und Rang 13 bei den deutschen Hallenmeisterschaften wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Das diesjährige frühzeitige Saisonende sollte gleichzeitig den Abschluss ihrer einzigartigen Karriere bedeuten.

Trauert sie dem Hürdensprint noch nach? Eigentlich nicht. "Plötzlich ist auch das Interesse an Besten- und Ergebnislisten erstorben", sagt Kristin Ringel heute. Jetzt joggt die frühere Spitzen-Leichtathletin mit Bundestrainer Harald Werner nur noch ganz gemütlich in den Wäldern rund um Halle, nutzt auch gerne mal das Rennrad ("Das ist so anders") und will im nächsten Sommer einen Triathlon über die Kurzdistanz bestreiten. Aber "das ist alles so weit weg von 100 Metern Hürden", erläuterte die sympathische Sportlerin abschließend, die allerdings nie aufgehört hatte, ihre Kontakte zur Leichtathletikabteilung des VSK Osterholz-Scharmbeck zu pflegen.

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Ein weiterer Bericht über Kristin Ringel vom 12.3.2005